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98 N ur wenige Kilometer von der Weichselbrücke entfernt, erreichte ich bei angenehmer Januarkälte die polnische Stadt Malbork mit der Marienburg, dem Sitz des Deutschordensstaats von 1230 bis 1561. 1190 wurde dieser Orden unter dem Namen „Orden der Brüder vomDeutschen Hospital Sankt Mariens in Jerusalem“ als geistlicher Ritterorden in Palästina gegründet, mit dem Zweck, das Hei- lige Land gegen die Muslime zu verteidigen und erkrankte und verletzte Pilger und Kreuzfahrer zu pflegen und zu heilen. 1199 wurde die karitativ denkende und handelnde Gemeinschaft in einen Ritterorden – mit gütiger Zustimmung des Paps- tes Innozenz III – umgewandelt. Der zentralistisch regierte Deutschordensstaat war gegründet. Papst Gregor IX. bestätigte 1234 in seiner Bulle von Rieti dem Deutschen Orden die Herrschaft über seine „persönlichen Besitzungen“ in Preussen, nachdem er schon 1230 die Christen zum Kampf aufrief: „Rüstet euch und seid stark, Söhne, seid bereit zum Kampfe gegen die Heiden – zagt nicht, weicht nicht und fürchtet sie nicht. Es ist nicht euer Kampf, sondern Gottes.“ Die Vernichtung der Urbevölkerung zwischen der Weichsel und der Memel sowie im Baltikum war somit vom Papst persönlich bevollmächtigt! Nun hatte der Ritterorden freie Hand für eine überfallartige, skrupellos durchgeführte Gefechts- strategie. Die ihre Haine, Flüsse, Wälder und Bäume verehrende Urbevölkerung – die Prussen – wurden zwangschristianisiert. Wer sich nicht taufen liess, wer sich und sein Land gegen die christlichen Aggressoren verteidigte, wer Frauen und Kinder schützen wollte oder wer sich wehrte gegen die auf Pferden mit Lanzen und Schwer- tern angreifenden Ritter, wurde erbarmungslos abgeschlachtet. Der Chronist des Deutschordens- staates Peter von Dusburg freute sich über das jahrzehntelang andauernde Töten seiner Glau- bensfeinde wie folgt: „So wurde durch Gottes Gna- de an diesem Tag über 3000 Samländer und an- dere Prussen erschlagen und so wurde ein grosses Blutbad unter dem Volk der Prussen angerichtet. „Der Deutsche Orden widmet sich heute neben der Seelsorge vor allem um Kranke, Behinderte und alte Menschen“. (kath. Kirche Österreich) „Es ist nicht euer Kampf, sondern Gottes“ Herman von Salza – hier in voller Kriegsmontur von Christoph Hartknoch 400 Jahre nach seinem Tod als Stich veröffentlicht – ist zwischen 1210 und 1239 Hochmeister des Deutschordensstaates. Er spielt eine interessante Rolle als Vermittler zwischen dem deutschen Kaiser Friedrich II und Papst Gregor IX. Als Hochmeister wusste Salza bei Papst- und Kai- serbesuchen Privilegien und Schenkungen als Dank für die brutale Abschlachtung der Urbevölkerung. Im Kampf hoch zu Ross soll sich Herman von Salza nie am Gemetzel beteiligt ha- ben. Die Reise von Italien in den Norden war ihm zu beschwerlich. Dr. P. Bruno Blatter (Hochmeister).

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